Franziska Hesener
In der Alexianer Waschküche wird Teamarbeit großgeschrieben
Wenn einer ihrer Stammkunden die Alexianer Waschküche in Münster betritt, freut sich
Franziska Hesener immer besonders. Dann gibt es Strammen Max, Cappuccino mit warmer
Milch oder Flammkuchen – alles Gerichte, die die 22-Jährige sicher und sorgfältig
zubereitet und serviert. Mit 30 Prozent Sehkraft eine Herausforderung.
Selbstbewusst unterhält sich Franziska Hesener mit Kunden, nimmt Bestellungen auf und
bereitet Speisen und Getränke zu. Während der Schulzeit und zu Beginn der Ausbildung im
LWL-Berufsbildungswerk Soest (BBW) war das noch anders. Mit fremden Menschen in
Kontakt zu treten, sie auch noch von einem Produkt oder sich selbst zu überzeugen, das war
eine große Herausforderung, die Hesener erst durch ihre Ausbildung und später den
täglichen Umgang mit Kunden und Kollegen zu meistern lernte. „Am Anfang war ich sehr
ruhig und nicht sicher, ob der Servicebereich das richtige für mich ist“, erzählt Hesener, die
2007 nach Soest kam und dort zunächst ein Berufsorientierungsjahr absolvierte. Mit dem so
erreichten Hauptschulabschluss nahm sie die erste Hürde auf dem Weg zur
Fachoberschulreife, die sie mit anschließenden Berufsgrundschuljahr im Bereich Ernährung
und Hauswirtschaft erwarb. Ihre Zweifel legten sich und sie hielt an ihrem Berufswunsch
fest.
2009 begann Hesener dann mit ihrer Ausbildung zur
Hauswirtschafterin, die die junge Frau als bunt und
abwechslungsreich empfand: „Alle zwei Wochen haben wir
zwischen Küche und Wäschepflege gewechselt, Langeweile kam
da nicht auf.“ Gelernt hat sie in dieser Zeit neben dem Waschen,
Bügeln und Mangeln von Wäsche auch das Spülen und Kochen in
der professionellen Wirtschaftsküche.
„Wir haben oft für die Auszubildenden und Angestellten des
BBW gekocht oder auch schon mal ein Catering-Buffet
zusammengestellt, da konnten wir manchmal richtig kreativ
arbeiten“, resümiert Hesener. Auch den Cafeteria-Dienst übernahm sie regelmäßig, eine
gute Vorbereitung auf die spätere Tätigkeit im Servicebereich.
Besonders gerne erinnert sich Hesener aber an die großen Ereignisse zurück, die ihre
Ausbildung begleiteten. Auf der SightCity in Frankfurt, der größten Fachmesse für Blindenund
Sehbehinderten-Hilfsmittel in Deutschland, durfte sie beispielsweise mit einem kleinen
Team das BBW repräsentieren. „Drei Tage lang haben wir mit Messebesuchern geredet und
ihnen das Angebot des BBW vorgestellt, das war eine total spannende Erfahrung“, blickt
Hesener zurück.
Franziska Hesener und ihre Kollegin Britta Kleipoedszus
Trotz der vielen positiven Erfahrungen und den angeeigneten Fähigkeiten und Kenntnissen,
hatte die junge Frau durch ihre Behinderung häufiger das Gefühl, anders zu sein und eine
Sonderausbildung zu machen. Dies änderte sich mit dem Zwischenprüfungszeugnis. Durch
ihre guten Noten durfte die damals 19-Jährige zum Landesleistungswettbewerb für
Auszubildende in der Hauswirtschaft nach Rheine fahren. „Ich war die einzige mit einer
Sehbehinderung und da habe ich erst gemerkt, dass die das gleiche lernen und machen wie
ich.“ Motiviert schloss Hesener ihre Ausbildung ab und machte sich auf die Suche nach
einem Job.
Sie zeigte viel Eigeninitiative und bewarb sich bei zahlreichen Unternehmen in der Region.
Dabei konnte sie sich nicht nur auf ihr gutes Abschlusszeugnis berufen, auch das
Bewerbungstraining und die Simulation von Vorstellungsgesprächen kamen der
Hauswirtschafterin zugute, die zur Vorbereitung auf die Jobsuche im BBW Soest Teil des
Ausbildungsplanes sind. Leider erhielt sie trotzdem an die 30 Absagen. Dass es schließlich
die Alexianer Waschküche wurde, ergab sich aus einem Besuch der LWL-Integrationsmesse
2012. Aus zahlreichen Branchen waren dort Firmen vertreten, darunter auch das St. Barbara
Haus, ein Restaurant und Veranstaltungszentrum in Dülmen, das zum Verbund der Alexianer
gehört. „Ich wusste, dass zwei Ausbildungskollegen ebenfalls im St. Barbara Haus arbeiten
und sehr zufrieden sind, da habe ich meine Chance genutzt und mich beworben“, blickt die
junge Frau zurück. Bekräftigt wurde sie von ihrer ehemaligen Ausbilderin Annette Paul, die
Hesener auch nach ihrer Ausbildung betreute: „Ich habe Frau Hesener Mut gemacht und ihr
dazu geraten, sich in Dülmen zu bewerben. Aus Erfahrung wird in Integrationsbetrieben
genauso gut gearbeitet wie in „normalen“ Firmen, das Betriebsklima ist oft sogar noch
besser.“
Die Initiative der ausgebildeten Hauswirtschafterin wurde mit
einer Einladung zum Vorstellungsgespräch belohnt.
„Frau Hesener hat einen sehr aufgeschlossenen und
engagierten Eindruck hinterlassen und sich sehr gut ins Team
integriert“, erklärt Claudia Humpohl vom Sozialen Dienst.
Franziska Hesener bekam die Möglichkeit, sich über eine
Probearbeit zu bewähren. „Am Anfang war ich noch etwas
unsicher aber wir sind hier so eine starke Truppe, da hilft jeder jedem.“ Sie lernte die
Arbeitsabläufe schnell, half beim Austragen von Hochzeitsfeiern und größeren
Gesellschaften mit und entwickelte ein immer selbstbewussteres Auftreten. Nach einem
anschließenden Praktikum stand dann fest, dass sie die ausgeschriebene Vollzeitstelle im
Servicebereich der Alexianer Waschküche übernehmen kann, einem von zahlreichen
Integrationsunternehmen, das unter anderem vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe
gefördert wird. Viele von Heseners Kollegen haben ebenfalls eine Behinderung und
zeichnen sich durch eine hohe Leistungsbereitschaft aus.
Sie sind engagiert bei der Sache, hat einer Schwierigkeiten mit einer Tätigkeit, übernimmt sie
ein anderer. „Bei uns hilft man sich untereinander. Ein Angestellter mit einer
Lernbehinderung hat vielleicht Probleme Rechnungen auszustellen, kann dafür aber
beispielsweise sehbehinderten Kollegen in der Küche helfen“, erklärt Geschäftsführerin Uta
Deutschländer.
Auch die Anschaffung von Hilfsmitteln soll den Arbeitsalltag erleichtern „Wir haben kürzlich
ein neues Kassensystem bekommen. Vorher musste ich oft Tasten suchen und Kollegen
fragen, was da steht. Jetzt ist alles schön groß, auch die Rechnung“, freut sich Hesener.
Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag von Integrationsfirmen erhalten die Mitarbeiter mit
einer Behinderung die erforderliche Unterstützung um auf dem ersten Arbeitsmarkt
bestehen zu können. Sei es in Form einer Arbeitsplatzausstattung mit Hilfsmitteln, gefördert
durch den Landschaftsverband, sowie auch in Form von psychosozialer und personeller
Unterstützung. So werden überschaubare Arbeitspläne entwickelt, angeleitet mit
wiederkehrenden Erklärungen und zudem gibt es immer einen Ansprechpartner bei dem
sich der Mitarbeiter rückversichern kann. „Wir haben zum Beispiel einen Plan, in dem steht
was im Thekenbereich gereinigt werden muss und wie man vorzugehen hat.“ Auch beim
Schlussdienst wird so ein Plan benutzt. Für Claudia Humpohl haben solche Pläne viele
Vorteile: „Sie geben den Angestellte Orientierung und Sicherheit, da braucht dann keiner
Angst zu haben, etwas zu vergessen oder falsch zu machen.“ Auch Fortbildungen gehören
zur umfassenden Unterstützung der Mitarbeiter. So wird sich Hesener demnächst im
„Selbstsicherheitstraining und Beschwerdemanagement“ schulen lassen.
Mittlerweile fühlt sich Franziska Hesener nicht nur beim Kontrollieren der Räume und Geräte
zum Feierabend sicherer, auch Kollegen und Kunden schätzen ihr offenes und freundliches
Auftreten.
Insbesondere wenn es um ihr Lieblingsgericht Baked potato mit Hähnchenbruststreifen geht,
traut sich Frau Hesener, immer wieder neue Dekorationen auszuprobieren, um den Gästen
das Essen appetitlich zu servieren. „Mir macht es Spaß, das Essen auf schönen Tellern
anzurichten und zu verzieren“, erklärt sie mit glänzenden Augen. Die Kunden danken es ihr
mit einem zufriedenen „sieht das schön aus.“
Missen möchte Hesener die Ausbildungszeit im BBW nicht, hat sie dort doch nicht nur das
Handwerkszeug gelernt, um auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten zu können, sondern
auch Freunde gefunden, mit denen sie damals gemeinsam gelernt und im Wohnheim gelebt
hat. Einige Azubi-Kollegen hat sie bei den Alexianern wiedergetroffen, manche haben einen
Job in einem anderen Unternehmen gefunden, zufriedene Gesichter sieht man überall.